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Atlantikküste

Montag 19.2.

 

Ein klein bißchen wehmütig stieg ich an diesem Morgen in meinen Clio. Heute würde unser letzter gemeinsamer Tag sein. Aber den wollte ich auch so richtig genießen !
Deshalb hatte ich mir eine besonders schöne Strecke für heute aufbewahrt. Ich wollte noch einmal zur Westküste und mir dort ein paar der rauen, aber wunderschönen Strände ansehen.

Zuerst ging es mal wieder über die N 125 Richtung Lagos.
Dort bog ich nach Aljezur ab.
Die Straße führte durch eine herrliche Landschaft. Dazu dieser Sonnenschein... wieder ein Tag wie ein Traum !

Bei Praia de Bordeira fand ich eine Möglichkeit ziemlich nah an den Strand zu fahren.
Von den großen Wellen trennte mich nur noch eine saharaähnliche, weite Sandlandschaft und zwischen den Dünen und dem Parkplatz zog sich ein unterschiedlich breiter, aber ziemlich flacher Priel.
Genau von diesem Strand hatten mir die Dorstener am Abend vorher erzählt, und auch davon, dass sie durch diesen Priel gewatet sind. Es musste also möglich sein, da irgendwie durch zu kommen.

Also die Hose hochgekrempelt und los ging´s. Nach kurzer Zeit schon fand ich eine Stelle, die sich ziemlich problemlos überqueren ließ und bald schon war ich auf den riesigen Sandbergen und spazierte zum Wasser. Ein wahnsinnig toller Blick auf die riesigen Wellen, einen hunderte Meter langen Sandstrand, der eingerahmt war von mächtigen bizarren Felsen. Diese Farben, - das Rauschen des Meeres und die Wellen an den Füßen. Recht lange spazierte ich hier rum und saugte dieses Bild in mich auf.
Jesses, was war das alles schön hier !

Natürlich musste ich auf dem Rückweg zum Auto wieder durch diesen Priel waten. Aber während ich mich am menschenleeren Strand aufgehalten hatte, war unbemerkt die Flut ein wenig gestiegen und hatte nun etwas mehr Wasser in dieses unscheinbare Flußbett gedrückt. Auf Anhieb fand ich keine Stelle mehr, die ich problemlos überqueren konnte. Nun war ich ja schon die ganze Zeit durch den weichen Sand gelaufen, dementsprechend sehnte ich mich so langsam nach einem gemütlichen Plätzchen, wo ich meinen wohlverdienten Kaffee genießen könnte. Aber der war plötzlich ganz weit weg !

Ich ging immer weiter, um irgendwo eine passende Stelle zu finden. Erschwerend kam noch hinzu, dass hier an vielen Stellen der Sand dermaßen locker und leicht war, dass man plötzlich an fest aussehenden Flecken bis zu den Knien einsank. Das ergab so diesen Moor- Effekt, und sehr schnell hatte ich Bilder im Kopf von vollständig versinkenden Menschen, die erst Jahrhunderte später als Moorleichen wieder aufgefunden werden, - wenn denn überhaupt jemals....

An verschiedenen Stellen versuchte ich immer wieder über dieses so friedlich aussehende bißchen Wasser zu kommen. Inzwischen war es mir ja völlig egal, wie nass ich dabei würde. Die Hose war sowieso schon derbe angegriffen. Ich wollte nur noch ans feste Ufer.
Geradezu todesmutig raffte ich mich dann auf und versuchte an einer ziemlich sicher aussehenden Stelle rüber zu kommen. Die ersten Schritte gingen recht gut. Das Wasser ging mir nur bis kurz über die Knöchel und es schien schon fast alles doch noch genial zu klappen, bis auf den letzten Meter....
Da war dann wieder dieser weiche Fließ- Sand unter meinen Füßen und ich sackte ohne Vorwarnung bis über die Knie ein.
Ein letzter Hechtsprung, - zumindest sollte es so einer sein... -  dann hockte, bzw. lag ich auf standhaftem Boden.
Erstmal kontrolliert, ob noch alle Utensilien an Ort und Stelle waren. Aber nichts war mir aus den Taschen gerutscht und der Rucksack war ja fest verschlossen. Mit wackligen Knien erreichte ich mein Auto wieder.

Und nun konnte ich endlich der Dorstener Tochter erklären, warum die Strandvögel immer so irre hin und herlaufen..... die wissen nämlich auch nicht, wie sie über den Priel kommen sollen......

Der Ort, in dessen Nähe ich mich hier befand, war scheinbar wie ausgestorben. Da die Westküste generell nicht so auf Touristen eingestellt ist, fand ich hier auch nirgends eine Möglichkeit, meinen Kaffee zu bekommen und ein “klein Päusken” zu machen.
Also fuhr ich weiter und orientierte mich ganz nach meiner Straßenkarte. An der nächsten Weggabelung müsste es links nach Bordeira gehen und nach ca 3 km müsste ich dann das Dorf erreicht haben.
Ja, da stand auch der Name auf dem Ortsschild, aber da führte keine Durchgangsstraße weiter. Der Ort war sofort an der Straße. Irgendwie passte das alles nicht zusammen. Und ich landete erstmal in einer Sackgasse, in der ich selbst mit diesem Mini- Clio nur schwer wenden konnte.  Ein Engländer begegnete mir, mit der Straßenkarte über seinem Lenker, der mich anhielt und durch die Fenster fragte, ob ich denn wüsste, wie man nach Bordeira kommt.--- Der Mann hatte genau das gleiche Problem wie ich :  seine Karte stimmte nicht mit den Straßen überein. Nun bin ich ja sowieso schon ziemlich überzeugt von meinen Fähigkeiten, was das Kartenlesen anbelangt, da traue ich mir schon eine Menge zu.... , aber nun bekam ich ja auch noch die Bestätigung, dass da was nicht stimmen konnte. Gemeinsam gingen der Engländer und ich in einen kleinen Laden und versuchten in einem genialen Sprachen- Kauderwelsch herauszufinden, wo wir uns nun gerade aufhalten, und wie wir nach Bordeira kommen.
Da behauptet dieser Portugiese doch tatsächlich, dass wir uns in genau diesem Ort befinden. Wo wir doch nun wirklich wussten, dass das laut Karte gar nicht möglich sein kann. Da weiß dieser Mensch gar nicht, wo er wohnt..... Ist doch nicht zu fassen......
Die Krönung unserer Ignoranz war dann, dass wir beide kopfschüttelnd den Laden verließen und uns versicherten: “I don´t believe it!”  - Nein, wir konnten es nicht glauben.

Ich fuhr einfach weiter Richtung Süden und kam nach Carrapateira. (Der Ort war dann auch wieder auf der Karte richtig eingetragen.)
Ein kleines Café, das fast nur von Einheimischen besucht wird, lud mich mit den in der Sonne stehenden Tischchen zur Rast ein.
Ein wenig lauschte ich den Gesprächen eines deutschen Pärchens neben mir, Typ: Yuppie mit Öko-Einschlag.
Es ist doch immer wieder spannend, anderen zuzuhören, die wahrscheinlich der Meinung sind, dass man sie nicht versteht.

Inzwischen war es schon Mittag geworden und ich wurde mir immer bewusster, dass es heute die letzte Möglichkeit wäre, doch noch einmal in die Atlantikwellen zu gehen. - Denn das war ja schon so lange mein Traum. Diese Brandung, - diese hohen Wellen, -  das wollte ich nicht nur sehen, sondern auch spüren.

Nun hatte ich nur noch ein paar Stunden, denn das, was ich suchte, war nicht die südliche Küste der Algarve, obwohl ich mir natürlich schon darüber klar bin, dass auch dort der Atlantik ans Ufer schwappt. Aber der RICHTIGE Atlantik, - das war für mich nur die Westküste.
Ich fuhr nun also an den nächsten Strand: Praja do Armado. Eine Landschaft, wie aus dem Bilderbuch. Felsen, Sand, Sonne und gigantische Wellen. Dazu ein Wind, der über das Meer fegte und dadurch natürlich die Luft- Temperatur mächtig runterdrückte. Nicht etwa, dass es kalt war, - nein, nicht wirklich, - aber von Badetemperaturen war es weit entfernt.

Natürlich war kein Mensch im Wasser, auch Spaziergänger waren nur vereinzelt da. Und ich stand an meinem Clio und kämpfte mit mir, ob ich nun die Tasche mit Badeanzug und Handtuch mitnehmen sollte oder nicht....
`Eigentlich ist es ja viel zu kalt....`- `Aber man kann ja erstmal näher ans Wasser gehen....` - `Aber es ist doch lächerlich; wer würde bei dem Wetter schwimmen gehen....` - `Aber mitnehmen kann ich die Sachen ja schon mal.... Ich muss ja nicht reingehen....`
So marschierte ich durch den Sand auf das Wasser zu, mit der Tasche in der Hand. - Jesses, was war das schön hier !!!
Ich tigerte an den auslaufenden Wellen entlang und in mir arbeiteten alle Aktionisten, um ihren Willen durchzusetzen.

`Es ist völlig verrückt, ins Wasser zu gehen, weil es viel zu kalt ist, und ich mit einer Lungenentzündung nach Hause fahren werde....` - `Aber wer weiß, wann ich wieder die Möglichkeit habe....`- `Aber was mir hier alles passieren kann ! Die Wellen werfen mich um, ich brech mir die Knochen auf irgendwelchen Steinen, und kein Mensch ist in der Nähe, der mir helfen kann....` -  `Aber wenn ich doch ganz vorsichtig bin, ich muss doch nicht so weit rein gehen, nur son bisken, bis an die großen Wellen....` -  `Aber gucken reicht doch eigentlich! Wem muss ich hier eigentlich was beweisen ? Hab ich doch gar nicht nötig !.....` - `Aber ich möchte es doch so gerne, und ich werde es noch Monate und Jahre bereuen, wenn ich jetzt nicht reingehe....`

Da war so eine schöne, kleine Felsformation, die sich bestens eignete, um mich dort ein wenig windgeschützt umziehen zu können.
`JA !  Da gehe ich jetzt hin !´ --- Und in dem Moment, als ich endlich fest entschlossen bin, kommt eine derbe Windböe, die mir wieder deutlich zeigt: es ist saukalt !  Aber trotzdem wurde es für mich immer klarer, dass ich jetzt da rein WILL.  Und dass alles andere ziemlich egal ist.

Und dann war es auch genau so. Egal die Kälte, egal die Furcht in mir. Ich war im Atlantik !   Wellen und Gischt, Wasserkraft, die mich umspült, aber mich nicht umhaut.  Lebendige Kraft in der Natur und in mir. Einfach RIESIG !!!

Als ich aus dem Wasser kam, hatte ich den Gedanken, dass ich von hier einen kleinen Stein als Andenken mitnehmen wollte, und im selben Moment sah ich auch genau den richtigen für mich. Völlig klar, dass der da jetzt lag.
Ein flacher Stein, dessen Form an ein Dreieck erinnert, ganz schwarz wie die Felsen hier an der Küste, - nur eine Seite hatte eine schneeweiße Kante aus einer anderen Gesteinsart.
Dieser ganze Stein symbolisiert meine Kraft, und nur einen kleinen weißen Streifen habe ich bis jetzt zum Vorschein gebracht, aber noch viel mehr liegt in dem großen dunklen Teil, im Verborgenen. Wer weiß, was da noch alles drin ist.....

Nach diesem kleinen Abenteuer fühlte ich mich sowas von gut und hätte die Welt umarmen können vor lauter Glück.

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Auf der Weiterfahrt begegnete ich auch mal wieder diesen seltsamen Straßenschildern, die davor warnten, dass hier Kühe die Straße kreuzen könnten. Unverständlicherweise waren diese aber an so sinnigen Stellen aufgestellt, dass ich doch lange darüber nachdachte, wie die Tiere denn von links oben den Berg runter kommen sollten um dann rechts in den Abgrund zu stürzen.... Vielleicht sind die hier ja auch mit Gemsen gekreuzt.....

Noch am Tag vorher war mir durch den Kopf gegangen, dass ich nun hier schon so viele wunderschöne Rinder gesehen hatte, aber bisher war nicht die Möglichkeit gewesen, davon mal ein Foto zu schießen. Immer waren sie zu weit weg oder gerade dort war keine Möglichkeit, den Wagen abzustellen.

Und ich wollte aber doch so gerne meinen beiden Tier-Enthusiasten zu Hause zeigen, wie diese großen, braunen Rindviecher in Portugal aussehen. Schließlich wirken sie ja doch etwas anders als die bayrischen Milka- Kühe.

Auch das war an diesem letzten Tag, den ich mit Auto verbrachte, noch möglich. Plötzlich hatte ich sie auf einer Weide direkt neben der Straße. Ich brauchte nicht mal aus dem Auto zu steigen, um sie zu fotografieren.
In diesem Traumurlaub war wirklich alles ganz genial für mich organisiert worden. ...

Den Tag beendete ich mit einem Abstecher in Burgau, einem kleinen Fischerdorf, dass wieder mal in einer wunderschönen Bucht gelegen ist. Ich fand ein Strandcafé ganz nach meinem Geschmack und saß dort eine Weile, bis es mir zu frisch wurde. Denn Wolken zogen auf und es wurde schnell dunkler und empfindlich kühl.

Dieser gewitterschwangere Himmel und die letzten Sonnenstrahlen, die sich noch einen Weg bahnten, um die Felsen in ein besonderes Licht zu tauchen, bescherten mir ein paar außergewöhnlich schöne Motive zum fotografieren, - aber dann machte ich mich lieber auf den Weg, um den zu erwartenden Guss nicht mitzubekommen.

Ich kam gerade in Lagos an, als die Schleusen am Himmel sich öffneten. Und das dann gleich mit solcher Macht, dass ich an den Straßenrand fahren musste, weil ich kaum noch etwas sehen konnte. Hagelkörner in Erbsengröße prasselten auf das Dach und machten für eine viertel Stunde das Weiterkommen unmöglich.

So waren meine letzten 100 km mit dem lieben, kleinen Clio eine Strecke, bei der sogar der Himmel dicke Tränen weinte. Na, wenn das keine sentimentale Abschiedsstimmung ist.....

Zurück im Hotel fand ich die anderen Deutschen beim Abendessen vor. Ich setzte mich dazu und wir erzählten uns die Highlights des Tages. Und da hatte ich wirklich so einiges zu erzählen......

 

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