Die Welt ist viel zu bunt, um schwarz zu sehen !!!

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Ein kunterbuntes Auto

Von Seriösität,
knalligen Farben
und weiblichem Kreativitäts- Verständnis

oder

Vom Auto zur Autöse !

 

Seit Jahren fahren wir mit den ollesten Blechlauben rum, die immer gerade in dem Moment, wenn der vorherige Wagen seinen Geist aufgab, bei unserem Haus und Hof- Automechaniker herumstanden. Mal war es ein klappernder weißer Opel Kombi, danach ein Riesenschiff, - ein VW Passat, - natürlich immer mit einigen Jahren auf dem Blechbuckel.
Und ich sage Ihnen: bei den Wagen, - da braucht man schon einen eigenen Haus und Hof-Mechaniker!

Nun war es wieder soweit. Oben genannter Passat zeigte endgültig so deutliche Alterserscheinungen, dass die anstehenden Reparaturen wohl den Preis eines guten anderen Gebrauchten überschritten hätte.
In unserer Garage zeugte ein immer größer werdender Ölfleck davon, dass wir so langsam gegen alle Öko-Gedanken verstießen, - die Stoßdämpfer lagen so darnieder, dass Mitfahrer auf der Rückbank bei jedem Schlagloch glaubten, auf einer Holzbank zu sitzen, und die Kupplung war wohl auch etwas altersschwach geworden und wollte sich langsam zur Ruhe setzen. - Mal ganz abgesehen von den unzähligen Rostflecken, die dem Wagen schon rein äußerlich das Aussehen eines Flickenteppichs gaben.
Es wurde höchste Zeit, dass wir uns Gedanken machten, mit welchem Gefährt wir uns in absehbarer Zeit vorwärtsbewegen wollten.

Und das Unerwartete traf ein: Mein Herzensgatte, der immer nach dem Motto vorgeht: Man muss nur genügend Leuten erzählen, was man sucht, dann findet sich schon jemand, der das auch hat...., - bekam das erfreuliche Angebot für einen Opel Astra, natürlich ein Kombi. Dieses Platzvolumen muss schon sein, damit wir immer die Möglichkeit haben ..... ja, warum eigentlich? Jedenfalls bilden wir uns ein, dass das so sein muss. - Schließlich hatten wir immer einen Kombi, und wenn das schon immer so war, dann war das sicher auch so richtig......

Jedenfalls war dieses Auto eine erfreuliche Ausnahme in der Ahnenreihe unserer Fahrzeuge. Es war zwar auch schon 8 Jahre alt, aber so super gepflegt, dass man ihn fast als Neuwagen ansehen konnte. Der Vorbesitzer hatte ihn scheinbar gehütet, wie seinen Augapfel. Ich befürchte, der Wagen muss sich an ganz neue Bedingungen gewöhnen,.....

Ebenso hatte der gute Mann, der bisher dieses Prachtstück fuhr, scheinbar genauso ein Faible für technische Spielereien wie ich. So gibt es zum Beispiel einen Aschenbecher, der sich auf Knopfdruck automatisch öffnet, ebenso wie Außenspiegel, die sich natürlich allein durch das Betätigen eines Schalters in alle Richtungen verstellen lassen.

Ganz genial ist auch, und jetzt bitte ich um besondere Aufmerksamkeit! -
Die Außenspiegel sind BEHEIZBAR !!! 
Ich wusste vorher gar nicht,dass es sowas gibt.  Irgendwie gehört es ja doch für mich in die Kategorie: Alles, was der Mensch nicht braucht!

Allerdings haben mir andere Autofahrer, die schon seit Jahren mit den Tücken des Winters kämpfen, gesagt, dass es sich in der kalten Jahreszeit sicherlich äußerst positiv auswirkt.
Will ich ja gerne glauben, - aber bei einem Garagenwagen ????

Ein besonderer Clou, der mir jeden Tag aufs neue kindliche Freude bereitet, ist allerdings die Zentralverriegelung, die sich durch Druck auf den Schlüssel auch mit Fernbedienung öffnen lässt.

Dabei gibt dann die Warnblinkanlage mit zweimaligem Aufleuchten bekannt, dass der Wagen nun offen ist. Mir ist noch nicht ganz klar, ob dieses Aufleuchten dafür eingerichtet ist, dass man sich vom Auto gegrüßt fühlt, oder ob es nur dafür sorgen soll, dass alle Leute im Umkreis mitkriegen sollen, was man da für ein Wunderwerk der Technik in der Hand hat.
Da ich nun also diejenige bin, die jeden Tag mit diesem Fahrzeug durch die Gegend kurvt, betrachte ich ihn auch als MEINEN Wagen. Und in den Papieren steht sowieso mein Name.

Und somit komme ich zu dem Problem, das ich mit diesem Opel vom ersten Tag an hatte: Dieses schwarze, penibel gepflegte, elegant wirkende Fahrzeug passte einfach nicht wirklich zu mir. Mit einem Wort gesagt: Es war viel zu seriös für mich.

Schon nach kurzer Zeit merkte ich, dass er mich und meine Grundeinstellung zu Autos veränderte. Plötzlich machte es mir Spaß, in die Waschanlage zu fahren und im Inneren Ordnung zu halten. Sehr seltsam und bedenklich !
Es wurde dringend Zeit, dass ich was tat.

 

Und die Idee war ja auch ganz einfach: Dieses Fahrzeug musste farbiger werden. Irgendwelche knalligen Akzente mussten gesetzt werden, damit es unverwechselbar MEIN Auto werden würde.
Dass ich zuletzt in der Airbrush-Technik geearbeitet habe, ist Jahre her und eigentlich wollte ich in dieser Technik auch gar nichts mehr machen. Momentan stehe ich auf strahlend bunte Lackfarben, - mit dem Pinsel aufgetragen, so dass wirklich die Technik noch sichtbar bleibt und das Ganze schon auf den ersten Blick sowas Handgemachtes hat.

Mein Herzensgatte reagierte erstmal etwas skeptisch auf meine Ideen, aber versuchte (wenn auch erfolglos) seine Bedenken zu verbergen, - jedoch er bremste mich nicht in meinem Tatendrang.

Der richtige Zeitpunkt, so erschien es mir, waren die drei Wochen, die ich in einer Kurklinik zubrachte, wo ich Ruhe und Zeit für diese Aktion haben würde.
An einem sonnigen Samstag morgen suchte ich mir einen schönen Parkplatz, der zur einen Seite an einen Wald grenzte und auf der anderen Seite einen weiten Ausblick über die wunderschöne Landschaft und den kleinen Ort bot.
Ein großer Vorteil war, dass ich den Wagen immer abwechselnd in Sonne oder Schatten setzen konnte, immer gerade nach der Überlegung, ob es schneller trocknen sollte, oder ich so langsam in der Sonne verschmorte.
Glücklicherweise machte es der Batterie nichts aus, dass ich stundenlang den Cassettenrecorder aus den offenen Fenstern schallen ließ, aber schließlich wächst meine Kreativität proportional zur Lautstärke der Musik.

Ich begann erst einmal mit dem Tankdeckel. Denn natürlich hatte auch ich diverse Befürchtungen, dass es womöglich nicht so funktionieren und aussehen würde, wie ich es mir vorstellte, und ein Tankdeckel ist im Zweifelsfall deutlich preiswerter auszuwechseln als eine Kühlerhaube.
 

Wer mich kennt, der weiß, dass ich schon seit Jahren eine Vorliebe für die Künstlerin Niki de St Phalle habe, und ihre Farben und Symbolik liebe.
So entstand erstmal eine gelbe Sonne auf blauem Untergrund, der noch mit roten Punkten verziert wurde.
Ziemlich schnell war mir klar, dass es genauso wirken würde, wie ich es haben wollte und konnte mich dann an das größere Projekt wagen. - die Kühlerhaube!

Erstaunlicherweise überkamen mich ja doch Anwandlungen von Schwellenangst. Dieses Gefühl, nun mit Schmergelpapier an das gepflegte Auto zu gehen. Das ist schon ein Akt ! Da kratzt man im wahrsten Sinne des Wortes den Lack an, - und das an diesem männlichen Statussymbol !
Diese Hemmungen hatte ich aber schnell überwunden und einmal angefangen, war es eine Kleinigkeit.
Schnell entstanden die Umrisse einer Schlange und die Farben leuchteten bald in deutlicher Klarheit.
Einen derben seelischen Tiefschlag bekam ich, als gegen Mittag plötzlich Wind aufkam und Unmengen von Blütenpollen und Blättchen durch die Luft wirbelte, die sich scheinbar ALLE entschlossen hatten, sich auf der noch nicht trockenen Farbe niederzulassen.

Ich brach die Aktion ab und fuhr ziemlich frustriert zur Klinik zurück.  Doch Coloura, die Göttin der leuchtenden Farben, war mir hold.
Schon bald merkte ich, dass ich all diese Fremdkörper problemlos abwischen konnte, ohne dass nennenswerte sichtbare Macken blieben. Der Lack hatte genau den Trockenheitsgrad gehabt, um sie nur oberflächlich festzuhalten

Es waren mehrere Vormittage nötig, um die Konturen sauber auszufüllen und mit diversen Symbolen zu schmücken.  Ich hatte immer mehr Freude an diesen Farben und dem Malen.

 

Was mich in der ganzen Zeit völlig faszinierte, waren die Kommentare, die ich kostenlos dazu bekam.
Die Grundeinstellungen zu den Bildern lassen sich interessanterweise geschlechtsspezifisch ordnen.
Die Frauen waren rundweg begeistert davon. Sahen die Farben und Formen und fanden es toll, - vielleicht noch mutig. Wobei mir immer noch nicht ganz klar ist, was daran nun so mutig sein sollte, außer der Tatsache, sich überhaupt diesen Kommentaren auszusetzen.
Wenig emanzipiert war zwischendurch der geradezu ängstliche Kommentar einer jungen Frau:   "Was wird denn ihr Mann dazu sagen ?????"
Womöglich hätte sie bei 99% der Männerwelt auch völlig recht mit ihrer Befürchtung. Denn Männer hatten eine ganz andere Einstellung dazu. Die erste Frage war immer ganz erschrocken: "Geht das denn auch wieder ab ???" -
Und auf meine entrüstete Antwort, dass es doch bitte nicht wieder abgehen solle, hatten die Herren der Lackverteidigungs- Fraktion gleich das Argument parat: "Aber wenn Sie den Wagen mal verkaufen wollen...... , dann kriegen Sie dafür doch gar nichts mehr !"
Meine Überlegungen, dass der Wagen doch durch die Kunstwerke deutlich im Wert steigen würde, kamen absolut nicht gut an und brachte ihnen nur ein überhebliches, süffisantes Grinsen in die Gesichtszüge.
Für die Männer bleibt meine schändliche Tat eine strafenswerte Sachbeschädigung !

 

Allerdings kann ich auch von einer rühmlichen Ausnahme berichten.  (Mal abgesehen davon, dass ich von meinem Herzensgatten auch eine positive Reaktion erwarte, aber der hat es bis jetzt noch nicht gesehen......)
Als ich mal wieder am Waldrand saß, - meine Farbenkiste als Höckerchen umfunktioniert, - und voller Enthusiasmus an der Fahrertür weitermalte, kam ein mitteljunger Öko Typ des Weges. Schnurstracks auf meinen Wagen zu und erkundigte sich ausführlich nach Technik, Art der Farbe und meinte, er hätte mich schon am Tag vorher gesehen und fand das alles ganz toll.
Ähnliches, nicht ganz so Aufwendiges wolle er demnächst auch auf sein Auto bringen. Nachdem er mich auch noch auf meine Bitte hin, bei der Malerei fotografiert hatte, weil ich selber eine Erinnerung an diese schönen Stunden am Waldrand haben wollte, bot er mir auch noch einen Kaffee an.
Er wohnte nur 200 Meter entfernt und kurz drauf brachte er mir dann einen Pott. Mit Honig und Milch! - Genial! Irgendwie hat er mein Männerbild, zumindest kunstbetrachtungstechnisch, wieder ein wenig ins Positive gerückt.

--------- Nun ist der Wagen fertig.

Auffallend, -- wie der vielzitierte, bunte Hund. 
Auf der Kühlerhaube die Schlange und an der Tür sind zwei fröhliche, bunte Nanas. Mit der schwungvollen Umrahmung wirkt es ein wenig wie eine Theaterbühne. Und der Titel für das Stück, das gespielt wird,  steht auch noch drauf: CARPE DIEM !   Nutze den Tag !

PS. Nun ist es ein deutlich weibliches Auto geworden.  Wie ist aber nun die weibliche Sprachform von Auto ???  Autorin ist wohl etwas begriffsverwirrend.... - wie wäre es denn mit Autöse ????