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Farina

Farina ---

Eigentlich ...
ist diese Geschichte völlig unwichtig.... 

 

Eigentlich ist es gar nicht unser Hund, - eigentlich gehört dieser kleine Springinsfeld meiner Nichte Angela. Sie sollte zu ihrem 12. Geburtstag etwas Besonderes bekommen, und wünschte sich so sehr ein Tier, aber ein richtiges, - eins, mit dem man an der Leine spazieren gehen und das man richtig knuddeln kann.

  Nur leider durfte sie zu Hause keinen Hund halten, - so erklärten wir uns bereit, das Tier hier bei uns mitlaufen zu lassen. Da wir sowieso schon einen halben Zoo hier haben, mit den ganzen Vögeln, Meerschweinchen, Kaninchen, dem Pferd und dem Schaf, kam es da ja nun auch nicht mehr drauf an.

  Eigentlich paßt dieser Hund auch gar nicht zu uns, - so klein und zart und quirlig. - Früher, - ja, da hatten wir Bernhardiner, - zwei mal, - direkt hintereinander.

  Das waren Hunde, die ins Gesamtbild passten!
Groß und kräftig, - der Kindheitstraum meines Herzensgatten.
Mit so einem Schweizer Riesen konnte man sich sehen lassen, - das war imposant und auffällig. Beide waren liebevolle Bären, die aber charakterlich grundverschieden waren. Die erste Hündin, mein spezieller Lieblingshund, geradezu schüchtern und zurückhaltend, sanft und vorsichtig, - danach die zweite - ein Draufgänger und wilder Brocken. Doch beide waren gut erzogen, kamen nie in die Wohnung, durften aber immer mit in den gemeinsamen Urlaub fahren, wo sie dann schamlos alle Begünstigungen, die wir ihnen einräumten, bis ins Letzte ausnutzten.

 

  Und nun kam uns dieser Winzling ins Haus. Angela hatte sich einen 5 Wochen jungen, schwarz- weißen Pudelmischling ausgesucht. Eine Handvoll Hund!

  Eigentlich hatte es geheißen, daß auch dieser, genau wie vorher die Bernhardiner, wenn er gehorchen gelernt hat, frei rumlaufen darf, aber nachts im Zwinger schlafen soll.

  Dieser Plan war vom ersten Tag an zum Scheitern verurteilt. Die Komik war nicht zu übersehen, als dieses Wollknäul in den Zwinger gebracht wurde, der ja nun mal für Bernhardiner gebaut worden war. Es war ein herziger Anblick, wie die Kleine durch die Gitterstäbe hinaus und hinein spazierte.

  Ein Übergangskäfig wurde im Gewächshaus gebaut, in der Hoffnung daß Farina bald groß genug wäre, um im Zwinger einen festen Platz zu bekommen.

  Sie zeigte uns aber von Anfang an, daß sie keinesfalls gewillt war, sich von unserem gesellschaftlichen Leben ausschließen zu lassen. Ganz egal, wie hoch oder dicht wir einen Stall für sie bauten, - immer fand sie eine Möglichkeit zu entkommen und stand bald darauf schwanzwedelnd voller Stolz vor uns, mit der Frage in den Augen: "Na, da freut Ihr Euch aber sicher, daß ich endlich wieder bei Euch bin, oder?"

  So wieselte sie dann doch von Anfang an zwischen uns im Laden herum, und wir hatten unsere Mühe, aufzupassen, daß sie nicht unter die Füße der Kunden geriet. (Dieses Problem war uns von der Bernhardiner- Haltung her völlig unbekannt! Den hat nie einer übersehen!)

  Wenn es uns dann mal zu hektisch wurde, und wir gar nicht mehr wußten, wohin mit ihr, wurde sie kurzerhand oben in einem Regal abgesetzt, wo sie dann das Tagesgeschehen aus höherer Sicht beurteilen konnte und sich sichtlich wohl fühlte.

  Noch heute liegt sie liebend gerne irgendwo in der Ausstellung und schläft zwischen Keramik und Schnittblumen.

  Eigentlich sollte sie auch nie in die Wohnung, denn vor allem meine Mutter konnte es überhaupt nicht leiden, Hundehaare in den Teppichen zu finden.

  Es hat nur ein paar Wochen gedauert, bis sich Farina den Weg in die Küche, und dann auch bald in alle anderen Räume gesichert hat.

  Als mein Herzensgatte und ich eines abends spät nach Hause kamen, fanden wir Farina neben Mutter im guten Sessel vor dem Fernseher. "Sie hat mich so traurig angesehen, da konnte ich sie doch nicht draußen im Laden alleine lassen."

  Dieser Hund hat einfach im Sauseschritt alle Herzen für sich gewonnen.

  Da wir sie nie an die Leine gelegt haben und die Idee mit dem Zwinger ja auch sehr schnell aufgeben mußten, ließ es sich gar nicht vermeiden, daß Farina auch bald eigenmächtig den Laden verließ und in der Umgebung spazierenging.

  Besonders ergiebig sind diese Wanderungen im Sommer, wenn in den umliegenden Schrebergärten gegrillt wird. Sie erscheint dann bei den Leuten am Abendbrottisch und setzt sich in gebührendem Abstand höflich hin, starrt auf die braun werdenden Würstchen und Schnitzel, bis es irgendeiner der Gastgeber nicht mehr aushält und diesem scheinbar Hunger leidendem Hund etwas Leckeres zukommen läßt.

  Wir wissen auch von Nachbarn, die von vornherein ein Würstchen mehr auf den Rost legen.

  Farinas Alleingänge ersparen uns so manche Dose Hundefutter.

  Und ein fester Spruch zu unseren Freunden in den Gärten ist immer: "Ihr müßt uns auch Bescheid sagen, wenn Ihr mal ein paar Tage nicht grillt, - damit wir dem Hund auch mal wieder was zu fressen geben!"

 

  Eigentlich ist dieser Hund ja eine Mischung aus Münsterländer und Pudel. Dieses "Vorstehen", das ein guter Jagdhund im Blut hat, so mit einem erhobenen Vorderbein die Beute anstarren und auf den rechten Moment des Zuschlagens wartend, kann man sehr gut beobachten, wenn Farina mal wieder eine Fliege im Visier hat. Volle Konzentration und Bereitschaft zum Kampf signalisiert der ganze angespannte Körper. Manchmal, - ganz selten, - schafft sie es tatsächlich eine dieser frech- dreisten Brummer zu fangen. Fliegenpech!

  Und doch bin ich mir nicht ganz sicher, ob nicht vielleicht Erbanlagen einer Katze in ihrem Blut sind. Dafür spricht die Bereitschaft und das Können aus enormen Höhen sicher zu Boden zu springen. (Sie in Regale hochzusetzen hat schon eine ganze Weile keinen Sinn mehr)

  Dazu kommt Farinas Leidenschaft hinter Vögeln herzujagen. Sehr häufig verfliegen sich Spatzen in unser Gewächshaus, die erst nach langer Suche wieder einen Ausgang finden. Wenn Farina einen entdeckt hat, ist kein Halten mehr. Den Blick starr nach oben - zum Objekt ihrer Begierde - steht sie unten, am ganzen Körper zitternd, sich an den Beeten hochreckend und jankt in herzzerreißender Tonart gen Himmel.

  Ich denke oft, daß bei soviel Intensität ihres Wunsches doch irgendwann die Erfüllung eintreten müsste, indem sie sich fliegend erhebt und sie durch den Raum schwebend einen Spatz fangen würde.

  (Aber nein, Farina, auch wir Menschen müssen bei noch ganz anderen Phantasien immer schön auf dem Boden bleiben!)

  Eigentlich hat Farina dadurch, daß sie ständig frei herumläuft, ein ausgesprochen gutes Sozialverhalten anderen Tieren gegenüber. Sie versteht sich prima mit den meisten Hunden, die, - brav an der Leine geführt,- hier bei uns vorbeikommen.

  Aber wehe, es gerät eine Katze in ihr Blickfeld. Dann kann man sich nur noch wundern, welche Geschwindigkeiten (von null auf Hundert in 7,8 Sekunden) so ein kleines Wollknäul erreichen kann. Da bremst kein Rufen und Pfeifen, da kann man sich nur noch umdrehen und so tun, als kenne man dieses Tier überhaupt nicht, um nicht dazustehen, als hätte man seinen Hund nicht unter Kontrolle. (So ein keifender Besitzer, auf den das Tier ja doch nicht hört, wirkt ja immer etwas peinlich!)

  Glücklicherweise hat Farina noch nie eine Katze erwischt. Ich bin mir nur noch nicht ganz klar darüber, ob das Glück nun mehr auf der Seite der Katze oder bei Farina liegt.

 

  Zweimal im Jahr hat die Kleine eine schwere Zeit durchzumachen. Wenn Farina heiß wird, müssen wir sie leider in ihrem Freiheitsdrang einschränken. Anfangs hatten wir das gar nicht so ernst genommen. Da wir gerne Nachwuchs bei ihr haben wollten, ließen wir sie bedenkenlos auf Freiersuche gehen.

  Bis eine Nachbarin aus der gar nicht so nahen Nachbarschaft sich bitterböse beschweren kam, daß unsere Hündin stundenlang vor ihrem Hause auf und ab stolzierte, während drinnen der altersschwache Schäferhund, (der doch sowieso viel zu groß gewesen wäre, aber Farina muß wohl sehr verliebt gewesen sein) fast einem Herzinfarkt erlegen wäre, da es ihn auf seine alten Tage doch völlig verrückt machte, dieses liebestolle Mädchen vor seiner Tür zu wissen. (Zur perfekten Lola fehlte ihr nur noch das Schlenkern des Handtäschchens!)

  Ein andermal raste Farina mit gleich zwei Verehrern, die sie von der Straße mitgebracht hatte, durch den Laden bis in unser Wohnzimmer, wollte mir scheinbar nur die schmucken Herren stolz vorstellen und verschwand dann wieder nach draußen.

  Erhört hat sie im Endeffekt einen schwarzen Zwergschnauzer, der an der Leine seines Herrchens direkt vor unserem Laden seine Liebe (bzw. Triebe) beweisen durfte.

  Zwei kleine pechschwarze "Ratten" kamen dabei heraus.

  Im Grunde ist Farina ja auch eine sehr moralische und treue Dame. So daß ein Jahr später genau der gleiche Herr wieder seine Zeugungskraft unter Beweis stellen konnte.

  Diesmal waren es vier und wieder alle schwarz wie die Nacht.

 

  Eigentlich bleibt Farina immer in einem gewissen Radius um unser Geschäft herum. Aber wenn sie denn mal mitbekommt, daß jemand von uns das Haus zu Fuß verläßt, läuft sie auch gerne hinterher, egal wie weit. - Manchmal merkt man es nur erst sehr spät !

  Als meine Mutter eines Morgens zur Kirche ging, versuchte sie noch auf halbem Wege den Hund zurückzuschicken. Die Zeit drängte, und sie wollte nicht erst wieder nach Hause, nur um Farina einzusperren.

  Die Kleine blieb in gebührendem Abstand hinter ihr, ließ sich aber nicht abhängen. Meine Mutter versuchte sich ungesehen in die Kirche zu schleichen, in der Hoffnung, Farina hätte das nicht mitbekommen.

  Irrtum! Kurz drauf stolzierte der Hund während der laufenden Messe durch das gesamte Kirchenschiff auf der Suche nach einem vertrauten Gesicht, ging bis zu den Kommunionbänken, doch das Thema der Predigt gefiel ihr wohl nicht so gut, so verließ sie den heiligen Ort auch schnell wieder ohne nennenswerte Moralvorstellungs- Änderungen.

  Zumindest konnte der Pastor an dem Sonntag nicht behaupten, es wäre mal wieder kein Hund in der Kirche gewesen! 

  Wie schon erwähnt: Eigentlich gehört Farina ja meiner Nichte. Aber irgendwie hat sich diese eigenwillige Hündin von Anfang an ihre Bezugsperson selber ausgesucht. Und da können sich alle anderen noch so sehr bemühen, mit Leckerchen und Extra- Streicheleinheiten ihre Gunst zu erlangen, - nein, Farina geht ausgerechnet zu dem am Liebsten, der ihr auch so unangenehme Dinge zufügt, wie z.B. das lästige Rausschneiden sämtlicher Fellknubbel, oder das unliebsame Säubern der Augenwinkel und Ohren, - zu dem,  der sie eben nicht knubbeln will, wenn es ihm gefällt, sondern warten kann, wann es ihr gefällt. Farinas Auserwählter ist völlig ohne Zweifel mein Herzensgatte.

  Wenn die beiden auch ein wenig so wirken wie Obelix und Idefix, so ist die große Liebe zwischen ihnen doch unverkennbar, und sie würde für ihn ihren letzten Fellzipfel opfern.

  Niemand sollte es wagen den Herzensgatten anzufassen, wenn er seinen Wachhund auf dem Arm hat. Dann wähnt sich Farina als Dobermann und selbst Hände, die ansonsten zum Streicheln- lassen geliebt werden, können dann nicht sicher sein, daß sie nicht weggebissen werden.

  Schweren Herzens muß sie akzeptieren, daß ich eine Ausnahme bin, und ihren "schutzbedürftigen" Herrn auch anfassen darf. - Völlig gequält, mit zitterndem Unterkiefer, schaut sie dann angestrengt über seine Schulter in eine andere Richtung, so, als könne sie es gar nicht mit ansehen,- oder sie versucht meine Hände mit leckender Schnauze wegzudrücken.

  Die Eifersucht zerfrißt sie auch, wenn der Herzensgatte wagt, mich in den Arm zu nehmen. Sofort springt sie uns meterhoch an, um sich dazwischen zu drängen.

  Eigentlich war für uns immer klar, daß ein Hund, wenn schon in der Wohnung geduldet, unbedingt seinen Schlafplatz draußen im Büro haben sollte. (Die Sache mit dem Zwinger ist ja lange vergessen!)

  Doch nachdem es in unseren Ladenräumen gebrannt hat, und Farina nur durch einen glücklichen Zufall dem Erstickungstod entkommen ist, bringen wir es nicht übers Herz, sie abends nach draußen zu schicken.

  So steht ihr Körbchen nun in Gillians Zimmer, - nur ist das nach Farinas Ansicht viel zu weit weg von ihrem Herrn,- deshalb schläft sie lieber auf irgendeinem abgelegten Pullover oder einer Hose im Schlafzimmer auf dem Boden.

  Und nur nachts, wenn alle ganz fest schlafen, krabbelt sie zu ihrem Liebsten aufs Bett, der das im tiefen Traum gar nicht so realisiert, - und kuschelt sich in seinen Arm.

  Doch das muß unser Geheimnis bleiben! -Denn ein Hund im Bett ... - das ist ja eigentlich unmöglich.

  Ihh, bah ... das erzählen wir natürlich keinem!