Die Welt ist viel zu bunt, um schwarz zu sehen !!!

Du bist
BesucherIn Nr.

No problem...

NO Problem

 

Worauf hatte ich mich denn da bloß eingelassen? Welcher leichtsinnige Teufel hatte mich bloß geritten, als ich für diese Aktion zugesagt hatte?
Da war doch mal wieder irgendwas mit mir durchgegangen, und jetzt sitze ich hier und muss dieses ganze Gefühls-Chaos durchstehen. Ja verflixt, habe ich das denn nötig? Musste das denn nun wieder sein?
Vor Monaten hatte ich mich entschlossen, eine kleine Nebentätigkeit zu beginnen. In die Modebranche wollte ich einsteigen. Homeshopping für Kleidung in großen Größen, für Frauen mit Format !
Die Geschichte lief ja auch ganz gut an, die Kollektion sehr ansprechend und von hochwertiger Qualität, total nette Geschäftspartner, mit denen wir schon viel Spaß gehabt haben, kein finanzielles Risiko, und die ersten Verkäufe waren auch schon erfolgreich abgewickelt.
Es hätte ja nun alles so schön sein können!

Nun sollte die erste Modenschau von Nanna-Moden stattfinden. Ich hatte von Anfang an gesagt, dass ich mich gerne um die Örtlichkeiten und um die Modells kümmern werde. No problem!
Das große Ereignis sollte bei uns im Blumengeschäft stattfinden, gekoppelt mit einer wunderschönen Gemäldeausstellung.
Auch die Modells waren schnell gefunden. Meine Schwester bot sich als erste an, bald fanden sich noch ein paar Bekannte, die auch größenmäßig zu der Mode passten und deshalb... no problem!
Und nun meldete sich die Chefin von Nanna- Moden, Frau Daubach, aus Frankfurt mit dem lapidaren Satz: "Ich habe aber keine Moderatorin für diesen Termin bekommen können. Ich selber kann das auf keinen Fall. Haben Sie nicht vielleicht doch jemanden, der das übernehmen könnte??"
Na klasse! Natürlich wusste ich niemanden, der sich freiwillig ins Rampenlicht stellt und dort über eine Stunde die Mode kommentiert. That`s a problem!

Nach und nach, mit vielen vernünftigen und stichhaltigen Argumenten,schaffte sie es doch tatsächlich, mich davon zu überzeugen, dass es doch eigentlich gar nicht so schwierig wäre, und dazu sehr wichtig für meinen Geschäftserfolg, wenn ich selber die Moderation machen würde.
Mit genügend Komplimenten gefüttert und ausreichend Honig um mein Selbstbewusstsein geschmiert gab ich endlich die Zusage.

In den letzten Tagen war ich ständig abgelenkt mit so vielen Aktivitäten,- so vielen Vorbereitungen, schließlich sollte das ganze Geschäft und die Gärtnerei auf Hochglanz gebracht werden, so kam ich kaum dazu, darüber nachzudenken, was da auf mich zukommt.

Doch nun ist es fast soweit. Noch gut zwei Stunden!
Ich habe ein flaues Gefühl in der Magengegend,- vermute, meine Blutdruckwerte schweben in schwindlnden Höhen, und meine Gehirnwindungen sind verkrampft.

Es wird Zeit, mich umzuziehen und in "die Maske" zu gehen. Zu dieser Veranstaltung gehört nämlich auch eine Ausstellung von Jafra- Cosmetics, und die dazugehörigen Damen hatten sich bereit erklärt uns alle zu schminken.
Die ersten Modells sind auch schon da.
Bitte, mich zuerst unter die Farbtöpfe nehmen! Und jetzt keine Fragen mehr stellen! Die Nerven spielen nicht mehr mit.
Mir wird ein Glas Sekt angeboten. Oder wie wäre es mit einem leckeren, leichten Damenlikör? Aber ich befürchte, das könnte mich völlig umhauen.Da vertraue ich doch lieber auf die Notfalltropfen aus Bach- Blüten.
Umziehen- grüne Bluse, weiße Hose - natürlich aus der Nanna- Kollektion, Haare stylen,- Goldkettchen an die Stirn- warum will das denn jetzt alles nicht richtig sitzen? - der Ohrring aus echten Blüten ist auch schon wieder verrutscht,-soll ich mir vielleicht doch besser noch einen neuen machen?- Endlich alles klar und an Ort und Stelle.
Ich gehe wieder in den Laden. Die ersten Besucher der Bilderausstellung sind da. Ich übe mein freundlichstes "Kundenlächeln" und grüße strahlend in alle Richtungen. Ach, Göttin, was funktioniere ich doch wieder prächtig!!

Fünfzehn Uhr, die Vernissage beginnt, Reden werden gehalten, ich bin sehr dankbar, feststellen zu können, dass der junge Mann, der dort spricht, anscheinend  genauso nervös ist wie ich. Wie beruhigend!!!

Die Räume haben sich gefüllt. Ich gehe durch die Gänge, begrüße das ein oder andere bekannte Gesicht, wechsle belanglose Liebenswürdigkeiten und weiß schon kurze Zeit später nicht mehr, mit wem ich was gesprochen habe.
Meine Gedanken kreisen um die Sätze, die ich in Kürze durch das Mikrofon an alle sagen will. - Bzw. muss, ich will doch gar nicht!!!
Panik steigt auf. Bestimmt verhaspel ich mich in jedem Satz! Wahrscheinlich wird mir gleich sowieso die Stimme versagen. Oder das Mikrofon ist kaputt!
Und überhaupt wird mir kein Mensch zuhören wollen, da ich bestimmt zwischen ständigen "ähms" nichts Wissenswertes herausbringen werde.
Schon gestern abend hatten wir doch die Vision, dass in der Nacht der ganze Laden unter einer frisch fallenden Schneelast zusammenbrechen, und die ganze Ausstellung mit den schönen Bildern unter sich begraben würde, was natürlich Anfang Juli auch zu den realistisch zu erwartenden Zwischenfällen gehört.

Noch zwanzig Minuten!!!  Warum rennt denn die Zeit so?

Ich will noch mal meine Ruhe haben und gehe in das hintere Gewächshaus, wo jetzt kein Mensch ist,- will mich sammeln und seelisch in Form bringen.
Wo, bitte schön, sind denn jetzt alle die Leute, die mir sagen: Nicht trauen gilt nicht? Nun stehe ich hier alleine in meinem Dilemma. Ja, muss ich denn überhaupt da gleich raus gehen? Kann mich doch keiner zu zwingen! Wenn ich doch gar nicht will!
Das Trotzköpfchen in mir schlägt Purzelbäume.
Vielleicht jetzt doch einen Damenlikör? So einen leckeren, leichten?
Am besten gleich die ganze Flasche?

Nein, das dann doch nicht. Aber wo sind die Notfall- Tropfen?
Überdosierung gibt es dabei nicht, also will ich noch ein paar nachschieben.
Dafür muss ich zurück in die Küche, wo die Modells mit einem Glas Sekt in der Hand und schon für den ersten Auftritt umgezogen, auf den Startschuss warten.

Im Laden werden die Bänke gerückt, es könnte nun langsam losgehen.

Gibt es denn nicht noch irgendwas zu tun???

Noch einmal kurz in "die Maske",- Lippen nachziehen lassen, die sind längst abgekaut. Jetzt fällt mir aber auch nichts mehr ein.
Ich lege meine Musik ein und greife zum Mikrofon.
"Einen wunderschönen guten Tag, meine Damen und Herren"
Die Stimme wackelt wie bei einem mittelschweren Erdbeben. Noch immer klingt sie auch so fremd über Lautsprecher, obwohl ich doch in der letzten Nacht über eine Stunde alleine hier gestanden und meine Ansage geübt habe.

Hilfe!! Was mache ich hier eigentlich? Musste ich mir das denn antun??

Mein Kopf ist leer, und ich quäle mich durch die ersten Sätze. Auch wenn ich kaum jemanden bewusst wahrnehme, merke ich doch, dass die Leute mir tatsächlich zuhören und nicht gleich schreiend wegrennen.
Ganz langsam werde ich ein wenig lockerer, und nachdem ich erstmal erzählt habe, dass ich ganz fürchterlich aufgeregt und nervös bin, weil ich sowas noch nie gemacht habe, geht es mir auch besser.

Ich erzähle ein wenig von Nanna-Moden und dann endlich:
"Boris Becker hört auf, Michael Stich hört auf, aber wir- wir fangen jetzt an!"
Rauschender Beifall! So schlimm kann ich wohl doch nicht gewesen sein!
Die Modells betreten nach und nach den Raum, reichen mir ihre Karte, von der ich die Beschreibung der Kleidung ablese.
Direkt bei dem ersten Teil stolpere ich über die Stretch- Jeans, die sich bei mir in eine Schtretsch- schiensch verwandelt. Aber nun kann ich tatsächlich drüber lachen.
Die Musik ist schwungvoll und toll,- die Modells locker und lässig,- wir swingen gemeinsam durch die Sommermode.
Nach den ersten Durchgängen finde ich auf einer der Modellkarten eine handgeschriebene Nachricht von Frau Daubach: "Sie machen das ganz toll!!"
Ich freue mich riesig darüber und kann freier atmen. Per Modell schicke ich ihr einen Zettel zurück: "Danke!"
Beim nächsten Durchgang kommt die Antwort - wieder auf der Karte - "Sie sind ja süß!" - Na klar, mir geht es ja auch glänzend! Bin ganz in meinem Element. Habe ich je was anderes gemacht als Modenschauen zu moderieren? Wer hat behauptet, das läge mir nicht??? Es ist doch einfach herrlich!! No problem!!

Locker, flockig lese ich die Texte und freue mich an den fremdländischen Firmennamen, die mir fast alle leicht über die Lippen kommen. Das Wort "Viskose-Hose" ist fast schon Melodie.

Das Schlussbild ist mit einem Hauch von Choreographie versehen.
Wir hören das Lied von Gloria Gaynor: "I am what I am". Nach und nach erscheinen die Modells auf der "Bühne", stellen sich nebeneinander, die Hände in die Hüften, und beim ersten Aufbrausen der Musik strecken sie den rechten Arm in die Höhe:
 I am what I am!     und ich bin stolz darauf!
Gänsehaut! Die Damen gehen durch die Reihen, während ich mich bei allen mit einem kleinen Blumenstrauß bedanke, den Modells, den Helfern hinter der Bühne, den Jafra- Damen, bei Frau Daubach.

Was ist das? Plötzlich ergreift Helga, eins der Modells, das Mikrofon und bedankt sich im Namen aller bei mir - BEI MIR!! -für die ganze Modenschau, - überreicht mir einen riesigen Blumenstrauß.
Was für ein Gefühl! Mir steigen die Tränen in die Augen. "Danke, Helga, das war eine tolle Idee von Dir!"

Die Herbstmodenschau ist für Ende September geplant. Alle Modells haben schon begeistert wieder zugesagt. Ob ich die Moderation wieder übernehme???

Aber natürlich!  No problem!!!